© Sektion Rosenheim DAV

Hochrieshütte 2021

Jahresbericht

18.11.2021

Die Hochrieshütte ist der Sektion liebstes Kind – Yvonne und Sepp, die Wirte vom Brünnstein mögen es mir verzeihen. Aber wie so oft ist das liebste Kind auch das, welches am meisten Aufregung in die Familie bringt.

Der Corona Lockdown – vor etwas mehr als einem Jahr hätte man bei diesem Begriff vermutet, dass jemand seine wilde Haarpracht mit mexikanischem Bier zu bändigen versucht – gibt uns die Zeit, einen Blick auf die jüngere Geschichte unseres Gipfelhauses zu werfen.
Diesen Januar jährte sich zum fünften Mal die Fertigstellung der großen Um- und Anbaumaßnahmen an der Hochrieshütte. Unter großem finanziellem und persönlichem Aufwand war ein Anbau mit sechs Drei- und Vierbettzimmern, jedes mit WC und Waschbecken sowie einem großzügigen Mehrzweckraum geschaffen worden. Wir haben jetzt eine moderne Großküche, die auch allen hygienischen Anforderungen der Zeit gerecht wird. Nicht für jeden sichtbar, aber sehr wesentlich sind die Erneuerungen der Haustechnik, die das Haus in energetischen Belangen für die Zukunft fit machen. Last but not least bekam der Gastraum einen Anbau mit Panoramafenstern, die den herrlichen Blick auf die imposante Bergwelt im Süden freigeben.
Im März 2017 übernahm das neue Wirtspaar, Manuel und Sarah die Hütte voller Elan und Sachkenntnis und alle zusammen hofften wir, dass das den Beginn einer langjährigen Existenz für die beiden darstellen sollte. Es wurde ein wunderbarer Bergsommer mit einem ebensolchen Herbst und das nächste Jahr brachte auch wieder beste Bedingungen.
Bis zum denkwürdigen 30. September 2018. An diesem Sonntag und sollte eine der legendären Bergmessen auf der Hochries stattfinden. Die ersten Gäste waren schon oben und an der Mittelstation der Hochriesbahn wartete eine unendlich lange Schlange von Menschen, die gerne an diesem Ereignis teilnehmen wollten. Umso enttäuschender war die Nachricht des Betriebsleiters, dass bei der Bahn ein technisches Problem aufgetreten sei und sie an diesem Tag wohl niemanden mehr hochbringen würde. Es sollte nicht bei diesem Tag bleiben.
Es stellte sich heraus, dass die Steuerung, sowie einige Aggregate erneuert werden mussten. Das bedeutete, dass die Bahn im goldenen Oktober bis nach den Herbstferien, üblicherweise die beste Zeit unserer Hütte, keine Gäste zur Hochries befördern konnte. Die Versorgung des Hauses mit Lebensmitteln und Material funktionierte bis in den Frühling nur höchst rudimentär. Man muss wissen, dass die Bahn üblicherweise von Ostern bis Mitte November Gäste befördert und das ganze Jahr unsere Hütte versorgt. Da es keine befahrbaren Wege zur Hochries gibt, ist das die einzige, und
auch höchst umweltverträgliche Möglichkeit der Bewirtschaftung, und die war in jenem Winter sehr eingeschränkt. Es ist Manuel und Sarah heute noch zu danken, dass sie sich ohne zu lamentieren durch diese schwere Zeit kämpften. Dazu kamen noch die wahnwitzigen Schneefälle, mit Stürmen und Schneehöhen bis zu fünf Metern, die an Scott und Amundsen am Südpol erinnerten.
Um zu verhindern, dass der Schneedruck die Panoramafenster zerstört, schaufelten die Wirte einen Tunnel vor diesen Fenstern. Es war durchaus gespenstisch.
Aber auch dieser Winter ging vorbei. Es kam der Frühling, die Wanderer gingen wieder auf die Hochries und auch die Bahn konnte ihren Dienst aufnehmen.

Alle gingen mit Schwung in eine neue Bergsaison, die auf der Hochries sehr erfolgreich verlief. Diesmal hielt die Bahn, wenn auch immer wieder mit kleinen Störungen, bis zum 4. November durch. An diesem Tag streikte sie endgültig und es war sehr schnell klar, dass es einer Komplettsanierung bedurfte, um sich künftig vor bösen Überraschungen zu bewahren. Das bedeutete, dass bis weit ins Frühjahr 2020 auch keinerlei Versorgungsfahrten möglich sein würden. Die Hütte sollte bis zum 22.März geschlossen bleiben und in der Zeit bis zum Bahnstart per Hubschrauber versorgt werden.

Der Rest ist Geschichte. Am 20. März begann der Lockdown, der alle Pläne zunichtemachte. Das war eins zu viel für Manuel und Sarah und sie beschlossen, die Hütte zum Ende des Sommers zu verlassen. Wer kann ihnen das verübeln? Es war alles sehr kräftezehrend gewesen. In ihren letzten Wochen konnten sie die Gastronomie nur als „to go“ betreiben und Übernachtungsgäste wurden für die kurze Zeit nicht wieder aufgenommen.

Es galt für uns, sich nach neuen Wirten umzusehen. Als wir 2017 mit Manuel und Sarah zusammengekommen waren, hatte sich auch Kathrin beworben und musste nur knapp den beiden den Vortritt lassen. Kathrin war immer noch an der Hochrieshütte interessiert, diesmal aber trat sie mit ihrem Geschäftspartner Benni an. Beide Gastroprofis. Benni war eine ideale Erweiterung für Kathrins Vorzüge. Im Juni nahm die Bahn ihren Betrieb wieder auf und am 1. August gab es eine glanzvolle Wiedereröffnung mit den neuen Wirten.
Es wäre nicht die Hochries, wäre jetzt alles glatt gegangen. Ende September haben die beiden festgestellt, dass sie nicht für die tägliche Zusammenarbeit geschaffen waren. Kathrin beschloss nach nur zwei Monaten, einen anderen Weg zu gehen.

Jetzt kam Bennis große Stunde. Nun ist er der Chef und kann seine Fähigkeiten ausspielen. Er kocht hervorragend, behält auch in brenzligen Situationen Ruhe und Übersicht und managt eine anspruchsvolle logistische Herausforderung, wie das Hochrieshaus, das an einem sonnigen Sonntag gerne ein paar hundert Gäste hat und in dem sich tags darauf bei Regen
gerade mal zwanzig versprengte Wanderer verlieren. Seine wunderbare Partnerin Melanie und seine Eltern geben ihm die Man- bzw. Woman-power, die es braucht, um diesen Herausforderungen Herr zu werden.

Die Vergangenheit hat uns gelehrt, dass es immer weiterging, dass Probleme da sind, um von uns gelöst zu werden und dass es nach keiner Veränderung schlechter wurde. Wir sehen mit Spannung und Zuversicht in die Zukunft. Wir sind in jeder Beziehung gut aufgestellt und werden auf der Hochries Erfolg und Spaß haben.
Ich selbst bin froh, dass ich die Möglichkeit habe hier der Hüttenreferent und im Zusammenspiel mit so vielen fabelhaften Menschen für die Sektion und ihr Gipfelhaus aktiv zu sein.
PS. Wer noch nie auf einem Berg oberhalb des Gipfelkreuzes geschlafen hat, dem empfehle ich, es unbedingt einmal auf der Hochries zu versuchen. Jeder, der hier übernachtet und Sonnenaufgang und Sonnenuntergang erlebt hat, schwärmt davon.