© DAV Sektion Rosenheim

„Geschichtsbuch der Region“: Auf Spurensuche in der Vergangenheit mit OVB Heimatzeitungen

20.03.2025

Der Rosenheimer Dieter Vögele (84) ist seit Jahrzehnten Mitglied der Baugenossenschaft und des Deutschen Alpenvereins. Vor einigen Jahren beschloss er, einen Blick in die Vergangenheit der beiden Organisationen zu werfen. Warum das ohne die OVB Heimatzeitungen nicht geklappt hätte.

Rosenheim – Dieter Vögele verbrachte Stunden damit, alte Zeitungsausgaben durchzublättern.Gemeinsam mit seiner Frau wühlte sich der 84-Jährige durch die archivierten Ausgaben des Oberbayerischen Volksblatts – anfangs noch Rosenheimer Anzeiger. „Das OVB ist für mich das Geschichtsbuch der Region“, sagt Vögele.

Bild: Dieter Vögele beschäftigt sich schon lange mit der Vergangenheit von zwei Rosenheimer Vereinen. Dabei war der Rosenheimer Anzeiger - Vorgänger des Oberbayerischen Volksblatts - sehr hilfreich. © Aberle

Etwa acht Jahre lang war er auf der Suche nach Artikeln über die Rosenheimer Baugenossenschaft und die ortsansässige Sektion des Deutschen Alpenvereins (DAV). „Im Archiv des OVB bin ich auf viele Informationen gestoßen, die eigentlich verloren gegangen wären“, betont Vögele. Er ist seit Jahrzehnten ehrenamtlich in den beiden Organisationen tätig.

Bild: Ein Artikel aus dem Jahr 1924. Der Deutsche und Österreichische Alpenverein (heute DAV) hielt seine 50. Hauptversammlung ab. © Aberle

Zeitung als Archiv
„In dieser Zeit sind mir die Vereine ans Herz gewachsen“, sagt Vögele. Irgendwann habe er wissen wollen, „wie alles losgegangen ist.“ 2008 feierte die ‚Baugenossenschaft in Rosenheim und Umgebung‘ 100-jähriges Bestehen. Das nahm er zum Anlass, einen Blick in die Vergangenheit zu werfen. „Ein eigenes Archiv hatte die Genossenschaft nicht“, erklärt Vögele. Deshalb suchte er in den alten OVB-Ausgaben nach Artikeln über den Verein.

Eine Studentin unterstützte ihn bei seiner Arbeit, indem sie jeden Text einscannte. Deshalb hat er jetzt alles digital. Der Ordner mit Artikeln über die Baugenossenschaft auf seiner Festplatte ist groß. Bis ins Gründungsjahr 1908 reichen sie zurück. Mit ihrer Hilfe dokumentierte Vögele die Geschichte der Baugenossenschaft. „Ich wollte etwas für die nächsten Generationen hinterlassen“, sagt er.

Bild: Mittlerweile hat Vögele die meisten Dokumente und Artikel auch digital. © Aberle

Langjähriges Mitglied beim Deutschen Alpenverein

Vögele ist auch leidenschaftlicher Bergsteiger. 1957 trat er in die Rosenheimer Sektion des Deutschen Alpenvereins ein. Beruflich war er bei der Sparkasse Rosenheim tätig. Mit Geld kannte er sich also aus und wurde beim DAV mit den Finanzen betraut. „Ich war lange Schatzmeister des Vereins“, sagt Vögele.

Rückblick in das Jahr 1877

Er beschloss, auch die Vergangenheit dieses Vereins zu dokumentieren. „Man soll die Leistung nicht vergessen, die die Menschen beim DAV erbracht haben“, betont Vögele. Dafür musste er noch weiter zurückblicken, als es bei der Baugenossenschaft der Fall war. Und zwar in das Jahr 1877. In diesem Jahr wurde die Sektion Rosenheim gegründet.
Im Gegensatz zur Baugenossenschaft hatte der DAV bereits ein kleines Archiv angelegt. Vögele fand Urkunden, Kaufverträge, darunter auch einige Fotos. Auch ein Telegram des Prinzregenten Luitpold von Bayern tauchte auf. „So hat er uns zu einer Telefonanlage gratuliert“, erzählt der Hobbyhistoriker. Mit der Geschichte des DAV und dessen beiden Berghütten Hochrieshütte und Brünnsteinhaus füllte Vögele 16 Bücher. Die bewahrt er heute in einem abschließbaren Glasschrank auf. „Das ist mein Heiligtum“, sagt der Rosenheimer. (Inzwischen sind die meisten Bücker digitalisiert und im Web-Archiv der Sektion für jedermann zugänglich. Anm. der Sektion)

Unter den Dokumenten sind viele Zeitungsartikel. Auch die musste Vögele in mühevoller Kleinstarbeit aus den archivierten Ausgaben herausfiltern. „Hier war es aber ein bisschen leichter“, sagt er. Denn bei den meisten Ankündigungen wurde das Logo des DAV, die Blüte des Alpen-Edelweiß, abgedruckt.

Bild: Dieter Vögele blättert in archivierten Ausgaben. © Aberle

Die Hochriesbahn: „hochwichtiges Projekt“

Besonders wichtig war dem Rosenheimer die Geschichte und der Erhalt der Hochriesbahn. „Schon 1934 diskutierte man über eine Drahtseilbahn“, betont Vögele. Darüber berichtete auch der Rosenheimer Anzeiger (heute OVB). ‚Eine Drahtseil-Bahn auf die Hochries - Ein neues, für Rosenheim, den Chiemgau und den Samerberg hochwichtiges Projekt vor der Inangriffnahme‘, hieß es zum Beispiel in einem Artikelaus dem Jahr 1934. Eröffnet wurde die Bahn erst 1973, knapp 40 Jahre später. Allerdings ging sie mehrmals pleite.

„Die alten Zeitungsausgaben sind eine wahre Fundgrube“, betont Vögele. Das OVB habe sehr intensiv recherchiert. „Klar, das war ja auch interessant. Bleibt die Bahn bestehen, oder nicht?“ Zu seiner Erleichterung überlebte sie. Gemeinsam mit der Gemeinde Samerberg konnte der DAV die Hochriesbahn erhalten und aus den roten Zahlen führen.

Das war Vögele besonders wichtig. „Ich bin ein Leben lang in die Berge gegangen. Aber jetzt bin ich in einem Alter, da hat man die Kondition nicht mehr. Man ist schwächer geworden“, sagt er. Deshalb sei er umso glücklicher, dass er mithilfe der Bahn immer noch auf den Berg kommt. „Oben setze ich mich auf eine Bank und lasse mir die Sonne auf die Nase scheinen. Das ist einfach wunderbar“, sagt Vögele und lacht.

Bild: Vögeles „Heiligtum“. Seine Bücher bewahrt er in einem Glasschrank auf. © Aberle

Fotosammlung der Vorsitzenden

An einer Wand der DAV-Geschäftsstelle in Rosenheim reihen sich einige Fotos aneinander. Sie zeigen alle Vorsitzenden der Sektion im Laufe der Jahre seit ihrer Entstehung. Vögele suchte sie mühevoll mit Unterstützung des Stadtarchivs zusammen. Auf ein Porträt muss er aber noch verzichten. Das von Dr. Georg Schlemmer. „Er war zweiter Vorsitzender und initiierte die Gründung der Rosenheimer Sektion“,erklärt Vögele. Er sei deshalb eine wichtige Persönlichkeit für die lokale Stelle des DAV gewesen. Das Stadtarchiv konnte bisher nicht helfen, auch seine eigene Suche blieb erfolglos. Dieses Foto noch zubekommen, sei ihm ein großes Anliegen.

Bild: Dieter Vögele mit seinem Buch über die Hochriesrütte und die Hochriesbahn. © Aberle

Neues Projekt für 2025

27 Bücher hat er über die Jahre für den DAV zusammengestellt. Und auch jetzt lässt ihn die Geschichte nicht los. Vögele hat bereits ein neues Projekt im Kopf, das er dieses Jahr abschließen will. „Ich bin gerade dabei, eine Dokumentensammlung über Personen aus dem Rosenheimer DAV zu machen, die in ihrer Zeit herausragendes geleistet haben“, erzählt der 84-Jährige. Etwa der Spitzenbergsteiger Jörg Lehne. „Oder Hans Lobenhoffer. Er war einer der Größten“, betont Vögele.

Bild: Hans Lobenhoffer ist für Dieter Vögele „einer der Größten“. Auch die New York Times berichtete über den Bergsteiger. © Aberle

Zwei Persönlichkeiten der Rosenheimer DAV-Sektion

Hans Lobenhoffer war von 1955 bis 1959 Vorstand der DAV-Sektion Rosenheim. 1939 nahm er an einer deutschen Expedition zum Nanga Parbat teil. Der Berg liegt im Himalaja und ist mit seinen 8.125 Metern der neunthöchste der Welt. Im Anschluss an die Expedition wurde Lobenhoffer kurz nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs in Indien in Gefangenschaft genommen. Nach Kriegsende kam er nach Rosenheim und zum DAV.

Jörg Lehne gelang zusammen mit einigen anderen (darunter Siegfried Löw, ebenfalls Rosenheimer) die Erstbegehung der direkten Nordwand der Großen Zinne (Berg in Italien). Auch er bestieg den Nanga Parbat, musste aber auf Höhe von 7.150 Metern wegen eines Schlechtwetter-Einbruchs umkehren. 1969 verunglückte er an der Grandes Jorasses (Berg an der Grenze zwischen Frankreich und Italien) durch einen Steinschlag tödlich.

Vögele investierte viel Zeit in seine Dokumentationen. „In beiden Fällen handelt es sich um jüngere Geschichte“, erklärt der Hobbyhistoriker. Doch gerade diese sei durch die alten Ausgaben des OVB gut dokumentiert worden. „Ich habe viele Dinge gefunden. Die Artikel waren alle erhalten und haben auch zwei Weltkriege überlebt“, betont er. Ohne das Archiv der OVB Heimatzeitungen gebe es seine Bücherwohl nicht.